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Umweltinformationen

Allgemeine Hinweise zu Umweltinformationen und dem UIG des Bundes und der Länder finden Sie hier.

Folgender Artikel berichtet über die - bisher viel zu wenig genutzte - Möglichkeit, auch bei privatrechtlich organisierten, aber unter öffentlicher Kontrolle stehenden, Unternehmen, Umweltinformationen einzufordern:

Wichtige Entscheidung für die Informationsfreiheit

OVG Berlin-Brandenburg ermöglicht Akteneinsicht bei privatwirtschaftlich organisiertem Flughafen

Am 14. Mai 2012 hat das OVG Berlin-Brandenburg eine für Bürgerinitiativen und Umweltverbände wichtige Grundsatzentscheidung im Sinne des Umweltinformationsrechtes getroffen (Az.: OVG 12 S 12.12). In dem Rechtsstreit ging es darum, ob die privatwirtschaftlich organisierte Flughafen Berlin Brandenburg GmbH nach dem Umweltinformationsgesetz Akteneinsicht u.a. in Ergebnisprotokolle gemeinsamer Sitzungen mit der Deutschen Flugsicherung, in die Korrespondenz der Flughafengesellschaft mit der Deutschen Flugsicherung im Hinblick auf die Beratung der zukünftigen Flugverfahren, in die Entscheidungsgrundlagen der Flughafenkonfiguration (Lage und Größe der Start- und Landebahn, etc.) sowie in den Gutachtenauftrag für ein Flugsicherheitsgutachten gewähren muss.

Das VG Cottbus hatte den einstweiligen Rechtsschutzantrag in erster Instanz abgewiesen, mit der Begründung, eine umweltrelevante Maßnahme oder Tätigkeit sei alleine der Planfeststellungsantrag selbst sowie seine Bearbeitung im Planfeststellungsverfahren. Die oben aufgeführten Dokumente wären nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens geworden. Hier bestünde nur im Ausnahmefall ein Akteneinsichtsrecht. Das OVG hat in zweiter und letzter Instanz die Entscheidung ins Gegenteil geändert und dem Akteneinsichtsantrag vollständig stattgegeben. Das VG Cottbus habe den Begriff der Umweltinformation viel zu eng ausgelegt.

Der Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg ist sehr erfreulich und insbesondere unter folgenden Gesichtspunkten hoch praxisrelevant:

1.    Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Umweltinformationsgesetzes des Bundes (entsprechende Formulierungen finden sich in den Umweltinformationsgesetzen der Bundesländer) sind informationspflichtige Stellen auch natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, die im Zusammenhang mit der Umwelt stehen, insbesondere solche der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen. Soweit mir bekannt ist, ist es hier das erste Mal gelungen, einen Umweltinformationsanspruch gegenüber einer juristischen Person des Privatrechts gerichtlich durchzusetzen. Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg hat drei Gesellschafter, nämlich die Länder Berlin und Brandenburg sowie den Bund, so dass die öffentliche Kontrolle klar gegeben ist. Zudem sind Errichtung und Betrieb eines Flughafens Teil der umweltrelevanten Daseinsvorsorge. Von der Entscheidung geht Signalwirkung aus: Sie dürfte sich z. B. auf die Deutsche Bahn, die DEGES (Projektmanagerin und Bauherrin vieler Verkehrsgroßprojektive im Auftrag des Bundes) sowie diverse Flughafengesellschaften übertragen lassen.

2.    Das OVG legt zunächst dar, dass sämtliche Angaben im Planfeststellungsbeschluss ihrerseits ebenso als Umweltinformation zu werten sind wie die darin in Bezug genommenen Unterlagen. Dies gelte automatisch und sei  nicht gesondert für jede einzelne Angabe festzustellen (mit Verweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. September 2009, Az.: - 7 C 2.09 -). Hieraus könne jedoch keinesfalls im Umkehrschluss gefolgert werden, dass Daten über Besprechungen und Beratungen sowie sonstige Vorgänge, die zeitlich vor der Stellung des Planfeststellungsantrages liegen und in die Planungsentscheidung selbst keinen Eingang gefunden hätten, von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Umweltinformationsgesetzes auszunehmen seien. Eine derartige Interpretation sei mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG nicht in Übereinstimmung zu bringen. Entscheidend sei allein, dass sich die Maßnahmen oder Tätigkeiten noch auf Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken können. Dies stehe bei den beantragten (und oben teilweise aufgeführten) Informationen außer Frage.

3.    Die Entscheidung ist auch deshalb praxisrelevant, weil die Erfahrung zeigt, dass sich die informationspflichtigen Stellen mit der Herausgabe der Akten immer dann besonders schwer tun, wenn es z. B. um Ergebnisprotokolle oder Korrespondenz mit (privaten) Dritten geht. Die Entscheidung stellt (nochmals) klar, dass es sich bei derartigen Dokumenten um Umweltinformationen handelt, wenn sich die Inhalte auf Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirken oder auswirken können.

4.    Die Entscheidung ist auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht wichtig: Sie ist in einem Eilverfahren ergangen. Hierzu muss man dem Gericht glaubhaft machen, dass die Entscheidung sehr eilbedürftig ist. Zudem muss man das Gericht davon überzeugen, dass ausnahmsweise die „sog. Vorwegnahme der Hauptsache“ gerechtfertigt ist. Normalerweise soll im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung getroffen werden, bis das Gericht die eigentliche Klage sorgfältig abgearbeitet und entschieden hat. Das geht bei der Akteneisicht nicht, denn wenn man die Akten einmal gesehen hat, lässt sich dies nicht mehr revidieren. Die Antragstellerin hat so argumentiert, dass sie die Informationen deshalb sofort braucht, weil sie die Informationen in einem kurz vor Abschluss stehenden gerichtlichen Verfahren benötigt, um dort gleichberechtigt auftreten und vortragen zu können. Die Flughafengesellschaft war von dieser Argumentation nicht besonders begeistert, denn das angeführte Klageverfahren betrifft die Aufhebung ihres Planfeststellungsbeschlusses für den Großflughafen. Das Oberverwaltungsgericht ist unserer Argumentation gefolgt. Sinn und Zweck der Umweltinformationsvorschriften ist es u. a., Informationsvorsprünge der informationspflichtigen Stellen abzubauen und für eine gleichberechtigte Kommunikation und Auseinandersetzung auf Augenhöhe Sorge zu tragen. Deshalb kann sich der Flughafen nicht darauf berufen, dass die einzusehenden Informationen in dem Klageverfahren gegen ihn verwandt werden sollen.

Der Informationsanspruch musste im Übrigen letztlich mittels Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden.


Rechtsanwalt
Philipp Heinz
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