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- Standort: Home RA HeinzThemenImmissionsschutz Lärm, Geruch, Abgas, Staub, etc.Genehmigungsbedürftige AnlagenErörterungstermin  

Erörterungstermin im immissionsschutzrechtlichen Verfahren

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Vorbemerkung

Mitte 2007 hat der Gesetzgeber beschlossen, die Durchführung eines Erörterungstermins im immissionsschutzrechtlichen Verfahren in das Ermessen der Genehmigungsbehörde zu stellen. Ein Erörterungstermin ist oftmals die einzige Möglichkeit, den Betreiber (samt seiner Fachgutachter) und die Genehmigungsbehörde zu befragen und von den eigenen Argumenten zu überzeugen. Deshalb sollte schon in den Einwendungen beantragt werden, dass ein Erörterungstermin durchgeführt wird. Der Antrag sollte begründet werden.

Zum Ablauf des Erörterungstermins im immissionsschutzrechtlichen Verfahren, den Rechten und Pflichten der Beteiligten

Es gilt der Grundsatz, dass der Bürger nicht klüger zu sein braucht, als die mit der Bearbeitung der Angelegenheit betrauten fachkundigen Beamten.

- BGH v. 29.3.1990 – III ZR 145/88 -

In der Behördenpraxis wird dies allerdings häufig anders gehandhabt, als es der Bundesgerichtshof so schön formuliert hat. So wird von den Betroffenen im Erörterungstermin häufig verlangt, sie mögen ihre Rechtsbetroffenheit genauer darstellen, ihre Fragen und Forderungen präziser stellen – und manches mal sogar, sie mögen ihre Behauptungen beweisen. Das gesetzlich vorgesehene Verhältnis zwischen den Beteiligten im Erörterungstermin soll im Folgenden kurz dargestellt werden:

Gem. § 10 Abs. 6 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) hat die Genehmigungsbehörde die erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und den Einwendern zu erörtern (zukünftig: Ermessen, s.o.). Das BImSchG selbst regelt den Ablauf des Erörterungstermins nicht. Dies geschieht in den §§ 14 ff. der 9. Verordnung zum BImSchG. Zweck des Erörterungstermins ist nach § 14 der 9. BImSchV die Erörterung der rechtzeitig erhobenen Einwendungen, soweit dies für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen von Bedeutung sein kann. Der Termin soll denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, die Gelegenheit geben, ihre Einwendungen zu erläutern. Gegenstand der Erörterung sind mithin generell die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen die geplante Anlage.

§ 18 der 9. BImSchV regelt den Verlauf des Termins. Der Termin ist grundsätzlich öffentlich, nur im Einzelfall kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Der Verhandlungsleiter eröffnet die Verhandlung. Er hat das Recht und die Pflicht, für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Termins zu sorgen. Er kann bestimmen, dass einzelne Einwendungen zusammengefasst erörtert werden. Nach der Rechtsprechung hat die Genehmigungsbehörde die Pflicht, zumindest auf Nachfrage den aktuellen Stand der Untersuchungen zu den zu erwartenden Belastungen mitzuteilen.

Aus § 25 VwVfG ergibt sich eine allgemeine Auskunfts- und Beratungspflicht der Genehmigungsbehörde. Es können daher die Betroffenen und Einwender durchaus auch im Verlaufe des Erörterungstermins die Genehmigungsbehörde und dort insbesondere den Verhandlungsleiter fragen, welche Auffassung sie bzw. er vertritt und welche Anträge sie ggf. von Seiten der Betroffenen und Einwender für sachdienlich halten. Sollten Fragen vom Antragsteller nicht beantwortet werden, die die Betroffenen bzw. Einwender für entscheidungsrelevant halten, kann die Genehmigungsbehörde auf ihre Pflichten nach § 25 VwVfG bzw. den Amtsermittlungsgrundsatz hingewiesen und gefragt werden, ob sie die Frage im Rahmen dieses Verfahrens für ausreichend beantwortet hält. Die Genehmigungsbehörde müsste ansonsten von selbst nachfragen.

Wichtig für den Erörterungstermin ist die Ordnungsgewalt des Verhandlungsleiters nach § 18 Abs. 4 der 9. BImSchV. Sollte es aufgrund eines Streits eines Einwenders/Betroffenen mit der Genehmigungsbehörde zu einem Ausschluss von Betroffenen/Einwendern im Erörterungstermin kommen, können diese ggf. die Befangenheit des Verhandlungsleiters behaupten und beantragen, festzustellen, ob dieser befangen ist.

Für die Besorgnis der Befangenheit des Verhandlungsleiters und anderer teilnehmender Behördenvertreter gilt § 21 VwVfG. Wird danach die Besorgnis der Befangenheit unter Berufung auf einen Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, von einem Beteiligten behauptet, so muss der Verhandlungsleiter oder der andere davon betroffene Amtsträger eine Entscheidung des Leiters der Behörde oder eines von diesem Beauftragten einholen.

Darüber hinaus sind aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, welches hier – wie in jedem Verwaltungsverfahren – anwendbar ist, insbesondere die §§ 24 und 25 hervorzuheben. In § 24 ist der Untersuchungsgrundsatz oder sog. Amtsermittlungsgrundsatz verankert. Aus diesem ergibt sich, dass die Behörde im Verfahren den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat. Bleiben entscheidungsrelevante Fragen offen, muss die Anhörungsbehörde den Antragsteller insoweit fragen. Ändert dies nichts, kann sich die Genehmigungsbehörde des Rates von Sachverständigen bedienen. Betroffene können daher entsprechende Überprüfungsanträge stellen. Dazu etwa ein Auszug aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.1997 – 11 A 25.95 –:

„Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Behörden bei der ihnen gem. §§ 10, 24 VwVfG obliegenden Ermittlung des Sachverhalts auch der Hilfe von Sachverständigen bedienen können, wie § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwVfG ausdrücklich hervorhebt. Das Gesetz setzt damit als selbstverständlich voraus, dass die für eine Behörde tätigen Amtsträger in der Lage sind, den maßgeblichen Sachverhalt zu erfassen und die Zuarbeit von Sachverständigen kritisch zu beurteilen, bevor sie sich die Ergebnisse dieser Zuarbeit zu eigen machen.“

Die Teilnehmer/innen am Erörterungstermin haben zum einen das Recht, dass ihre Einwendungen und ggf. deren Konkretisierung im Rahmen des Erörterungstermins angehört werden, dass ihnen also ausreichend Gelegenheit gegeben wird, die Einwendung noch einmal zu verdeutlichen bzw. zu ergänzen, soweit sie dies für erforderlich halten. Daneben haben sie das Mitwirkungsrecht, d.h. das Recht, durch Fragen an Antragsteller und Genehmigungsbehörde und alle anderen Verfahrensbeteiligten (etwa andere Behörden), durch Anträge im Verfahren und im Hinblick auf die inhaltliche Entscheidung (etwa Anträge zu weitergehendem Schallschutz oder Anträge zur Verfahrensgestaltung) am Verfahren mitzuwirken.

Wichtig ist, dass den Betroffenen in ständiger Rechtsprechung aller Verwaltungsgerichte ein Anspruch auf „substantielle“ Anhörung zugebilligt wird. Dieser wird - für ein so weit vergleichbare Planfeststellungsverfahren - in einem Leitsatz einer Entscheidung des OVG Lüneburg (vom 28.08.1995 – 3 L 14/90 – veröffentlicht im Niedersächsischen Verwaltungsblatt 1996, S. 62) wie folgt formuliert:

„§ 73 Abs. 2 VwVfG vermittelt einen Anspruch auf eine „substantielle“ Anhörung. Hierzu kann auch gehören, im Erörterungstermin vorhandene Gutachten vorzulegen und zu behandeln.“

Allerdings ergibt sich hieraus auch eine Mitwirkungspflicht der Betroffenen. Fordern sie im Erörterungstermin nicht die notwendigen Informationen bzw. die Vorlage von Gutachten, können sie aus der Nichtvorlage von Gutachten nicht ableiten, dass eine erneute Erörterung stattzufinden hat.

Das Anhörungs- und Mitwirkungsrecht der Betroffenen wird im Erörterungstermin auch dann verletzt, wenn der Erörterungstermin in einer Art und Weise gestaltet wird, die die Anhörung und Mitwirkung unzumutbar erschwert. So muss der Ort der Erörterung in zumutbarer Entfernung von dem Vorhaben sein. Die räumlichen Verhältnisse dürfen ebenfalls die Erörterung nicht unzumutbar erschweren. Daher fordern wir etwa regelmäßig das zur Verfügung stellen von Tischen, damit wir die Möglichkeit erhalten, während des Erörterungstermins in den Unterlagen nachzulesen und Notizen zu machen. Aber auch eine Erschwerung der Teilnahme am Erörterungstermin, etwa durch eine nicht angekündigte Kontrolle von Ausweispapieren o.ä., kann die Anhörungs- und Mitwirkungsrechte der Beteiligten verletzen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass leider die Verletzung der Anhörungs- und Beteiligungsrechte nicht während des laufenden Verwaltungsverfahrens gerichtlich gerügt werden kann. Auch nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens kann die Verletzung von Verfahrensrechten in den meisten Fällen nur dann mit Aussichten auf Erfolg geltend gemacht werden, wenn dargelegt werden kann, dass sie sich auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt haben kann (etwa, indem die Erörterung ganz konkreter, sich im Laufe des Verfahrens neu herausstellender, Betroffenheiten verhindert und dadurch eine Maßnahme zur Minderung einer Betroffenheit nicht in der Genehmigung vorgesehen wurde).

Damit die Betroffenen im Erörterungstermin nichts vergessen empfiehlt es sich, den Termin sorgfältig vorzubereiten. Bei größeren Vorhaben kann man dies beispielsweise in Tabellenform tun.

Gem. § 19 der 9. BImSchV ist eine Niederschrift über den Erörterungstermin zu erstellen, der gem. Abs. 2 dieser Norm auf Anforderung den Einwender/innen zu überlassen ist. Besser ist natürlich ein Wortprotokoll, was immer zu Beginn gefordert werden sollte.

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Rechtsanwalt
Philipp Heinz
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